Informationen der Deutschen Rheuma-Liga zufolge leiden hierzulande rund 20 Millionen Menschen unter einer rheumatischen Erkrankung. Unter diesem Oberbegriff befinden sich zahlreiche Krankheiten wie die rheumatoide Arthritis, Morbus Bechterew oder der systemische Lupus erythematodes (SLE). Egal ob im Kindesalter oder als Senioren: Patienten sind in der Regel bewegungseingeschränkt oder von Schmerzen geplagt, falls sie nicht korrekt behandelt werden. In ihrem neuen Buch „In der Sprechstunde: Rheuma“ (KOSMOS Verlag, erscheint am 18. August) klärt die Fachärztin Dr. Eva Christina Schwaneck über die Mythen rund um die Erkrankungen auf. Vor allem das Thema Sport und Ernährung ist aus ihrer Sicht besonders wichtig für Rheumapatienten.
Welch große Bedeutung regelmäßige Bewegung für Rheumapatienten hat, erklärt die Expertin im Interview mit der Nachrichtenagentur spot on news. Neben einigen Tipps im Bereich Sport gibt sie auch eine Einschätzung zum Thema Ernährung und geht der Frage auf den Grund, ob die Ayurveda-Küche einen positiven Effekt auf Rheumapatienten ausübt.
Unter dem Begriff Rheuma versteht man hierzulande häufig die chronisch-entzündliche rheumatoide Arthritis. Was sind die Merkmale dieser Krankheit?
Dr. Eva Christina Schwaneck: Die Rheumatoide Arthritis ist das klassische Gelenkrheuma. Dabei schwellen die Gelenke an und schmerzen. Besonders häufig sind die Hände betroffen. Die Patienten bemerken Schmerzen, Steifigkeit und vielleicht auch Fieber und Abgeschlagenheit. Frauen sind häufiger betroffen als Männer und die Erkrankung kann in jedem Alter auftreten.
Rheumatische Erkrankungen sind meist mit starken Gelenkschmerzen verbunden. Die Überwindung zum Sport ist für viele nicht leicht. Gibt es schonende Sportarten, mit denen sich Patienten herantasten können?
Dr. Schwaneck: Idealerweise sollte die Erkrankung so gut therapiert sein, dass alle Sportarten möglich sind. Wenn das nicht gelingt oder die Patienten älter sind und noch andere Gelenkprobleme haben, ist Schwimmen ideal. Manchmal geht auch Nordic Walking gut. Es gibt auch Angebote der Rheumaliga oder der Krankenkassen.
Welche Sportarten würden Sie Rheumapatienten keinesfalls empfehlen?
Dr. Schwaneck: Problematisch sind „stop and go“-Sportarten wie Squash, die die Gelenke sehr stark beanspruchen.
Wie sieht es mit dem Verletzungsrisiko beim Sport aus? Ist das bei Rheumapatienten erhöht?
Dr. Schwaneck: Normalerweise nicht. Es kann allerdings sein, dass zusätzlich zum Rheuma eine Osteoporose, also Knochenschwund, vorliegt und die Patienten sich leichter die Knochen brechen können. In dem Zusammenhang wären Reiten oder Skifahren und Ähnliches problematisch. Aber auch schonende Sportarten wie Yoga können bei zu großem Ehrgeiz zu Brüchen in der Wirbelsäule führen.
Warum ist es so wichtig, trotz Rheuma Sport zu treiben?
Dr. Schwaneck: Körperfunktionen, die nicht genutzt werden, verkümmern. Die Gelenke müssen durchbewegt werden, um nicht zu versteifen. Genauso müssen die Knochen belastet werden, um keine Osteoporose zu entwickeln. Außerdem kann ein vorgeschädigtes Gelenk durch eine gute umgebende Muskulatur geschützt werden. Sport hilft zudem gegen die Nebenwirkungen einer Kortisontherapie und kann zum Beispiel Diabetes vorbeugen.
Manche Rheumapatienten haben beispielsweise durch die Behandlung mit Kortison mit erhöhtem Gewicht zu kämpfen. Wie sollten diese Patienten am besten vorgehen, wenn sie abnehmen wollen?
Dr. Schwaneck: Tatsächlich wissen wir aus den großen Registern, dass Rheumapatienten im Schnitt keinesfalls mehr Übergewicht haben als Menschen ohne Rheuma. Heutzutage versucht man zudem die dauerhafte Einnahme von Kortison in höherer Dosis zu vermeiden. Das heißt, es sollte zuallererst überprüft werden, ob nicht die sogenannte Basistherapie verbessert werden kann, um vom Kortison wegzukommen. Wo das im Ausnahmefall nicht möglich ist, müssen die Patienten mit einer proteinreichen, ausgewogenen Ernährung und Ausdauersport gegen das Gewicht ankämpfen, was aber schwierig sein kann.
Eine ausgewogene Ernährung spielt sowohl für gesunde als auch für rheumaerkrankte Menschen eine wichtige Rolle. Gibt es Lebensmittel, die Erkrankten schaden können?
Dr. Schwaneck: Dazu gibt es keine guten Studien. Es gibt eigentlich keine „Rheumadiät“, von der bewiesen wäre, dass sie den meisten Patienten hilft. Manchmal kann es aber sinnvoll sein, selbst ein bisschen herumzuprobieren. Viele Patienten berichten glaubhaft, dass der Verzicht auf Schweinefleisch ihnen helfe. Bewiesen ist, dass Übergewicht die Erkrankung und die Schmerzen verschlechtert, weswegen ich den Patienten immer raten würde, ein normales Gewicht anzustreben. Untergewicht ist allerdings auch nicht sinnvoll.
Können bestimmte Lebensmittel, vielleicht Wurzeln, Gemüse oder Gewürze, die medikamentöse Behandlung von rheumatoider Arthritis unterstützen oder den gewünschten Effekt verstärken?
Dr. Schwaneck: Es gibt einige kleine Studien zu Gewürzen, die in der Ayurveda-Küche beliebt sind wie Zimt, Knoblauch, Safran oder Kurkuma. Diese hatten einen positiven Effekt auf die Beschwerden bei rheumatoider Arthritis. Die Studien hatten zumeist recht wenige Teilnehmer und natürlich keine Placebogruppe. Wenn man aber Spaß am Kochen hat und die Ayurveda-Küche probieren möchte, dann sollte man das auf jeden Fall tun.
(aha/spot)
Bild: Menschen, die an rheumatoider Arthritis erkrankt sind, leiden oft unter geschwollenen und schmerzenden Gelenken. / Quelle: Yurii_Yarema/Shutterstock.com