Eric Clapton: „Mister Slowhand“ wird 75 Jahre alt

Eric Clapton feiert am Montag seinen 75. Geburtstag. Ein Rückblick auf das Leben eines Ausnahmegitarristen voller Höhen und Tiefen.

Nicht im „Club 27“

Ein Methusalem-Alter für einen der Musik-Generation, über deren morbide Genies man philosophiert: „The best die young!“ Einer der Besten, die viel zu früh starben, war Brian Jones von den Rolling Stones. Er war 27, als man ihn 1969 tot in einem Swimmingpool fand. Janis Joplin starb ebenfalls mit 27 (1970) an einer Überdosis, Jim Morrison (the Doors) segnete im gleichen Alter das Zeitliche (1971).

Auch Eric Clapton schien so ein Fall zu werden, jedenfalls gab er sich alle Mühe mit Drogen und Alkohol. Auch musikalisch schoss er in die Sterne. Mit 21 war der junge Mann aus der südenglischen Grafschaft Surrey ein Weltstar. Er hatte zuvor mit den legendären Yardbirds gespielt, danach mit John Mayall und den Bluesbreakers, und ab 1966 war er Frontman von Cream, der damals besten Band der Welt.

So bekam er seinen Spitznamen „Slowhand“

Dieser milchbärtige Eric Clapton wurde in London, in den 60ern das Mekka der Rock-Musik, als „Gott“ verehrt. Das verdankte er seinen Künsten an der Gitarre und einem blöden Zufall. Ein Fan hatte an eine Londoner Häuserwand „Clapton is god“ – Clapton ist Gott – gepinselt. Eigentlich wollte er „Clapton is good“ schreiben, nur hatte er das zweite O vergessen. Egal, von da an war er der Gott mit der Fender-Klampfe.

Nach dem Tod von Jimi Hendrix 1970, der mit seinem Können Clapton einige Zeit in den Schatten stellte, ließ er sich nicht mehr „Gott“ nennen. Stattdessen nannte man ihn „Slowhand“ – langsames Händchen. Eigentlich kein Kompliment für einen Weltklasse-Gitarristen. Er stammt aus Yardbirds-Zeiten, als Eric und seine Jungs im Crawdaddy Club in Surrey oft gecoverte Songs spielten. Die waren normalerweise nur drei Minuten lang. Eric streckte sie auf fünf bis sechs Minuten, verlängerte sie also. Manchmal riss dabei eine Gitarrensaite mitten in einem Stück, dann fing das Publikum an langsam zu klatschen, bis der Gitarrist eine neue aufgezogen hatte. Dieser „slow handclap“ inspirierte Clubbesitzer Giorgio Gomelsky zu Erics Spitznamen „Slowhand“.

Mehr als 130 Millionen verkaufte Tonträger

Die Mythen pflasterten schnell seinen Weg. Das beginnt schon bei seiner Geburt in Ripley im Süden Englands. Sein Vater ist ein anderweitig verheirateter kanadischer Soldat, der längst in Kanada bei seiner Frau ist, als Eric Clapton am 30. März 1945 zur Welt kommt. Die Mutter ist erst 16. Das Kind wächst bei Oma und Opa auf, in dem festen Glauben, dass es seine Eltern sind, die wahre Mama hält er für eine ältere Schwester. Erst mit neun Jahren soll er die Wahrheit erfahren und die Erkenntnis gewinnen: Er ist anders als die anderen.

Mit 17 gibt der hochbegabte Junge sein Kunststudium an der Kingston University in London auf und widmet sich nur noch seiner Gitarre. Heute kann er auf eine einzigartige Karriere zurückblicken. Eric Clapton ist 17-facher Grammy-Gewinner, als einziger Musiker wurde er gleich dreimal in die „Rock and Roll Hall of Fame“ gewählt. Mit Hits wie „Sunshine of your Love“, „I feel free“, „Crossroads“, „Lay Down Sally“, „After Midnight“, „I shot the Sheriff“ oder „Cocaine“ wird er Dauergast in den Charts. Clapton verkaufte weltweit über 130 Millionen Tonträger, sein Vermögen wird auf über 150 Millionen Dollar geschätzt.

Er tritt mit der Crème de la Crème der Rockmusik auf und musiziert mit John Lennon, Keith Richards, Duane Allman, Paul McCartney, Roger Daltrey, Ginger Baker, Chuck Berry, B.B. King, J.J. Cale, Mark Knopfler, Carlos Santana, Pete Townshend oder John McLaughlin. Mit dem Blues-Wunderkind Steve Winwood gründet er die sagenumwobene Formation Blind Faith. Für den Designer Giorgio Armani schreibt er die Musik für dessen Modenschauen und für Tom Cruise den Soundtrack zu „Die Farbe des Geldes“.

Clapton und die Frauen

Bei den Frauen pflegt Eric Clapton das Prinzip „Eine nach der anderen“. In seiner Autobiografie „Mein Leben“ (Kiepenheuer & Witsch) schreibt er 2007: Sobald eine „weg war, stürzte ich mich in eine Serie von One-Night-Stands und benahm mich unverschämt gegenüber jeder Frau, die mir über den Weg lief“.

Nach zahllosen Groupies fängt er ein Verhältnis mit der amerikanischen Funk- und Soul-Sängerin Betty Davies an. Danach spannt er seinem besten Freund George Harrison dessen Ehefrau Pattie Boyd aus, für die er den Welthit „Layla“ schreibt und die er heiratet. Harrison nimmt ihm das nicht weiter krumm und nennt ihn seinen „husband in law“, „Schwieger-Ehemann“. Während der Ehe mit Pattie zeugt er Kinder mit Yvonne Kelly und Lory Del Santo. Er hat eine Affäre mit dem Model Carla Bruni, die er wieder an Mick Jagger verliert, es folgt ein Intermezzo mit Sheryl Crow.

Schließlich begegnet ihm 1999 in den USA die 31 Jahre jüngere Melia McEnery, die für seinen Freund Giorgio Armani arbeitet. Sie bittet um ein Autogramm für ihren Onkel – und wird seine zweite Ehefrau und Mutter von drei Töchtern. Seitdem ist Ruhe eingekehrt, bisweilen geht „Slowhand“ mit der Gemahlin auf die Jagd und schießt Wildenten.

„Ich weiß nicht, wie ich überlebt habe“

Die Ruhe tut dem Weltstar gut, denn es gab genügend unruhige, auch dunkle Zeiten in seinem Leben. Der junge Clapton „vertilgte Apotheken von Drogen und soff bodenlos“, schreibt die „Zeit“. Er selbst schildert in seiner Autobiografie, wie er volltrunken fischen geht, hinfällt und dabei seine Angelrute zerbricht. „Die beiden Angler, die das beobachtet hatten, wandten sich verlegen ab.“

Der „Sunday Times“ erzählt er später, dass er als „waschechter Alkoholiker“ gegenüber seiner ersten Ehefrau Pattie Boyd gewalttätig geworden sei. Parallel dazu entwickelt sich eine Heroinsucht. Jahrelang habe er in einer „Wolke aus rosa Watte“ gelebt. Erst mehrere Entziehungskuren und eine neuartige Elektrotherapie bringen ihn wieder in die Spur zurück, Pete Townshend hilft ihm beim musikalischen Comeback. „Ich weiß nicht, wie ich überlebt habe“, sagt er in der Zeitschrift „Classic Rock“.

Tragische Schicksalsschläge

Wie bei vielen außergewöhnlichen Künstlern wird auch Eric Claptons Leben von einer schicksalhaften Tragik umweht. Einige seiner besten Freunde sterben früh: Jimi Hendrix, dessen Karriere er gefördert hatte, 1970, 1990 kommt der Ausnahmegitarrist Stevie Ray Vaughan bei einem Hubschrauberabsturz ums Leben. 1997 wird der Modeschöpfer Gianni Versace erschossen, und 2001 stirbt der Ex-Beatle George Harrison an Lungenkrebs.

Das grausamste Erlebnis ist der Tod seines Sohnes Conor am 20. März 1991. Das vierjährige Kind war mit seiner Mutter, der italienischen Schauspielerin Lory del Santo, zu Besuch in New York. Beide wohnten in einem Apartmenthaus im 53. Stock. Die Haushälterin hatte gerade die Fenster geputzt und ließ eines davon offenstehen, um den Raum zu lüften. Durch dieses offene Fenster stürzte das Kind auf ein angrenzendes Gebäude und war sofort tot. Seine bodenlose Trauer verarbeitete Eric Clapton ein Jahr später in dem Song „Tears in Heaven“, der zu einem ergreifenden Klassiker wurde.

Gesundheitliche Probleme

Fast sechs Jahrzehnte Rock’n’Roll fordern auch von einem Eric Clapton ihren Tribut. Die Nähe zu seinen Verstärkern und Lautsprechern haben ihn halbtaub gemacht. Er wird von einem Tinnitus heimgesucht und klagt über eine Neuropathie, eine Nervenerkrankung, die sich anfühlt, „als würden sich Elektroschocks mein Bein entlang bewegen“, wie er „Classic Rock“ mitteilt.

Doch er führt beileibe nicht das Leben eines britischen Gentlemans, der nur alte Autos, Kunst und Antiquitäten sammelt. Der liebe Gott lässt „Slowhand“ weiter und weiter spielen, auch wenn Corona seine aktuelle Tour „Eric Clapton“ verhindert. Die Auftritte in München, Stuttgart und Düsseldorf wurden auf 2021 verschoben. Alle Tickets behalten ihre Gültigkeit für die neuen Termine.

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